X-Men - Bald kommt der Film in die Kinos, da ist es doch Zeit,
einmal zurückzuschauen. In der Reihe Marvel Klassik werden die Hefte aus der
Anfangszeit der Marvel-Helden wiederveröffentlicht. Der neunte Band bringt
auf 240 Seiten die Hefte 11 bis 21 der X-Men.
Zuerst das Schlechte: Nur die erste Geschichte wurde vom Altmeister
Jack Kirby selbst gezeichnet. Das bedeutet nur 20 Seiten gekonnt grobkantiger
Gesichter - Heul! Danach übernahm Jay Gavin den Part des Zeichners. Er kam
nie an die Größe seines Vorgängers heran, obwohl er sich redlich bemühte (aber
auf Seite 124, Paneel 1 sieht der Sentinel am Hebel aus, als habe er volle
Windeln an). Aber bei den ersten Heften der Comic-Version von "Lindenstraße
mit Superkräften" zählten vor allem die Storys. Und die könne auch heute noch
begeistern.
Damals
beherrschten die Macher bei Marvel noch die Kunst des Geschichteerzählens
auf 20 Seiten, obwohl die über drei Hefte dauernde Sentinel-Story zu den besten
dieses Buches zählt. Der Juggernaut macht seinen ersten Besuch bei seinen
Bruder Xavier und Magneto darf gleich zweimal den Part des Bösewichtes übernehmen.
Die neueren Superhelden-Fans wundern sich vielleicht, warum
die Scarlet Witch und Quicksilver in Magnetos Böse-Buben-Truppe mitmischen,
tja so war das damals eben (wer das nicht wusste: Wischt euch mal das Grüne
hinter den Ohren weg!). Vielleicht liegt es an den niemals endenden Hintergrund-Plots
auf Soap-Opera-Niveau der heutigen Hefte, dass die alten Geschichten auch
heute noch begeistern.
Manchmal kommt aber doch das Alter der Geschichten zu Tage,
zum Beispiel wenn eine wie von Geisterhand bewegte Axt als "... wie ein Ausschnitt
aus einem surrealistischem Horrorfilm, löst sich eine Streitaxt aus einer
leblosen Faust und fliegt lautlos quer durch das Haus" beschrieben wird -
solche Tricks benutzt man schon seit Jahren nicht mehr.
Neu ist die Übersetzung von Herrn Strittmacher. Die Schüler
von Professor Xaviers Schule für Begabte reden nun deutlich frischer. Allerliebst
ist die neuentdeckte Liebe zum Fremdwort die das Biest schon in diesen frühen
Tagen als krankhaft Intellektuellen outet: "Deine deduktiven Fähigkeiten werden
nur noch übertroffen von deinem Hang zum Evidenten!" Da sagen wir doch: Genau
- wenn auch die explizite Intention sich nicht immer immanent manifestiert
oder so.