Trondheim tut es wieder! War der aufgeschlossene Leser schon
mit den Abenteuern von Herrn Haase (Carlsen
Verlag) aufs heiterste vor den Kopf geschlagen, verleitet Trondheim den
Anschauer seiner Geschichte "Die Fliege" erneut zu Nerven zerreißenden philosophischen
Exkursionen. In der textlosen Geschichte beschriebt der Meister der präzisen
Beobachtung das Leben einer Fliege.
Zu
Beginn ist es eine beliebige Fliege. Doch das Miterleben ihres ersten Fluges,
des ersten Bissen aus dem Katzenklo oder dem Entdecken des eigenen Spiegelbildes
machen aus dem anonymen Wesen eine Person. Diese technik, die uns schon das
Greul des dritten Reiches veranschaulichen sollte (z.B. "Als Hitler das rosa
Kaninchen stahl") funktioniert auch hier. Herausgelöst aus der Masse empfindet
man mit der Fliege kindliche Freude beim durchschreiten des Staubes auf der
Küchenlampe.
Die krassen Gegensätze und die fiesen Schläge des Lebens werden
nicht beschönigt. So wird die bewußtlose Fliege von einer gemeinen Küchenschabe
einfach ihrer Schuhe beraubt. Auch eine gierige Spinne macht der Fliege das
Leben schwer. Metaphysisch wird das Werk Trondheims in der zweiten Hälfte.
Literarische Zitate aus Klassikern des Genres "Die unglaubliche Geschichte
des Mr. C." scheinen den Autor zu dieser Sequenz inspiriert zu haben. Plötzlich
entfremdet ein unerklärliches Riesenwachstum das Wesen der Fliege seiner Umwelt.
Den Freund muß es zurück lassen.
Die neue Macht verhilft der Fliege zur Rache an der zuvor lebens
bedrohenden Katze. Doch zu welchem Preis?. Verachtung, Anfeindung und Verfolgung
muß das einfache Gemüt der Fliege erleiden. Erst das übergleiten in ein Makro-Universum
und das erneute sich Eingliedern in eine vertraut wirkene Umwelt bringen das
fragile Leben zurück zur Zufriedenheit. Somit endet diese Parabel auf das
Leben unserer Gesellschaft für Trondheim ungewöhnlich versöhnlich.
Sollte der Autor mit seinen eigenen Problemen ins Reine gekommen
sein, oder haben die 100 Seiten im schwarz/weiß Druck doch nicht die implezierte
Bedeutung? Wie jedes gute philosophische Werk bleibt der Leser vor einer eindeutigen
Aussage verschont, nur Trondheim Fans und die, die es werden wollen (dieses
Privileg sollte ein jeder sich aneignen) wird mit einem unergründlichen Schmunzeln
der Mona Lisa gleich das Werk schließen.