Stray Bullets ist eines der seltenen Comics, die den Leser emotional
treffen können. Es ist schwer, sich den Wechselbädern der Gefühle, die David
Lapham in exzellentem schwarz/weißem Strich inszeniert, zu entziehen. War
es in der letzten Nummer noch ein eher heiteres Heft - okay, vom geistigen
Niedergang Ninas im Drogenrausch und der versuchte Vergewaltigung Amys einmal
abgesehen -, schlägt im neuesten Band die ganze Härte Laphams zu.
Es
beginnt mit dem amüsanten Rückblick auf Heft 13 und dem Aufbruch der Helden
zurück ins richtige Leben (was - ihr kennt Stray Bullets gar nicht - die Geschichte
um einen Haufen Leute, von denen drei ein paar Leichen produziert und einem
Drogen-König zwei Koffer Stoff geklaut haben und sich deswegen in einem kleinen
Dreckskaff mitten in der Wüste verstecken und dabei irgendwann auf die anderen
Charaktere treffen, wie beispielsweise Amy Racecar, die Gott gesehen hat und
seit dem an nichts mehr glaubt? [Was n langer Satz]). Alles scheint gut zu
werden. Doch dann haut Nina ab und zu allem Übel finden Monster und Scott,
zwei Killer des Drogenkönigs Harry, die Flüchtigen. Die Situation eskaliert,
als die ortsansässigen Hippies Nina im Delirium umbringen. Beth hat alle Hände
voll zu tun, um zu verhindern, dass ihr Freund Orson das Versteck der Drogen
verrät, Nina zu rächen und ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das ist
nicht leicht, denn alle Tricks, die sie drauf hat, hat Scott ihr beigebracht.
Die Geschichte voll Looser und Killer endet in Shakespaer-Manier
ziemlich tragisch und blutig. Stray Bullets zeichnet sich aber nicht nur durch
seine abwechslungsreiche und packende Story irgendwo im Stil zwischen "Pulp
Fiction" oder "Natural Born Killers" aus; besonders die hervorragende Eindeutschung
lässt das Leserherz lachen. Die Akteure haben unterschiedliche Sprachen. Leider
sind viele Übersetzer ganz offenbar der Meinung, ihre eigene Sprache, die
eigen Art zu formulieren, wäre das Maß aller Dinge. Dann reden alle Figuren,
egal ob Held, Schurke, Opfer oder was auch immer, im selben Slang. Vielleicht
liegt es auch daran, dass es einfach wesentlich mehr Mühe macht, sich die
fremdsprachliche Geschichte zu verinnerlichen und sie adäquat ins Deutsche
zu übertragen, anstatt den Text durch ein Comuter-Programm mal schnell in
die Sprache der Teutonen zu holen. "Horus" lässt sich der Übersetzer
nennen und ist einfach genial.
Die Story ist oft hart, so wie die Sprache. Wer Angst vor "Votze" oder "Fick
Dich" hat, sollte ein Stray-Bullets-Heft nicht in die Hand nehmen.
Diese Serie ist das authentischste Road-Movie, das je gezeichnet
wurde. Ein kleiner Wermutstropfen: Der Preis. 12 Mark 80 ist ein Haufen Holz.
Aber eine einzigartige Story, Bilder die erzählen können und weltbeste Übersetzung
ins Deutsche (Straßenschilder, Flugblätter, Texte im Hintergrund - fast alles
auf Deutsch) machen den Preis durchaus preiswert.
Wer mal reinschnuppern will, sollte auf die nächste Nummer
warten, denn in Heft 14 fand ein 422 Seiten langer Spannungsbogen sein explosives
Ende.
Wer gute und harte Storys mag wird aber nicht um den Kauf der
ganzen Serie herumkommen.