Nick Fury ist der amerikanischste aller Helden nach Captain
Amerika. Er ist Chef von S.H.I.E.L.D., der "Supreme Headquater International
Espionage Lawenforcement Division", einer militanten Organisation mit
viel High Tech und der Aufgabe, die großen internationalen Verbrecherorganisationen
zu verfolgen. Klar, dass der Leib-Gegner dieses Patrioten asiatische Züge
trägt. Hydra heißen die Bösen in Ninja-Klamotten mit einem Logo aus Nazi-Totenkopf
und indischer Gottheit.
Anfänglich tuschte Steranko nur die Zeichnungen der Comic-Legende
Jack Kirby, übernahm aber schnell die Serie ganz. Er fügte dem Stil des alten
Meisters die Weichheit eines Wallace Wood hinzu. Psychedelische Muster und
vor allem die körperbetonte Mini-Mode, mit der Steranko seine Protagonistinnen
anzog, verliehen seinem Stil das Einzigartige. So wurden seine Zeichnungen
ein Teil der Popkultur. Hat da vielleicht der Erfolg von Austin Powers, der
stilistisch auch dieser Ära zuzuordnen ist, Einfluss auf die Verantwortlichen
bei Marvel gehabt, diese Kleinode wieder zu veröffentlichen?
Alle verschiedensprachigen Versionen dieses Comics wurden in
Spanien produziert, und so kommt es, dass dieses Album zeitgleich bei uns
und in Amerika erscheint. Hoffentlich ist das ein Zeichen dafür, dass der
deutsche Markt endlich ernster genommen wird, mussten wir doch bisher lange
auf Übersetzungen warten oder litten unter der undurchschaubaren Veröffentlichungspolitik
deutscher Verlage in puncto Zeitlinien.
"Nick Fury Agent of S.H.I.E.L.D." ist ein edles Comic. Limitiert
auf 2.500 Exemplare und nummeriert mit geprägtem Hardcover und Schutzeinband
ist es seinen hohen Preis wert. Das schönste: Obwohl schon recht alt, sind
die Geschichten gut zu lesen. So macht dieser Band auf fast allen Gebieten
Spaß: Grafik, Aufmachung und Story sind vom Feinsten, da fehlt eigentlich
nur noch der Goldschnitt.
Mit der Serie "Nick Fury vs. S.H.I.E.L.D." versuchte
man 1988 an den Glanz der hier gezeigten alten Tage anzuknüpfen. Der seinerzeitige
Erfolg zog eine nicht besonders erfolgreiche Serie nach sich, die aber auf
die Markenzeichen Sterankos, monumentale Technik und psychedelische Elemete,
verzichtete.
Bleibt die Übersetzung. Ein ins Deutsche übersetzter amerikanischer
Text ist gut ein Drittel länger als das Original. Das bringt nicht nur bei
den im Original schon total überfüllten Sprechblasen alter Marvel-Titel Probleme,
aber eben besonders hier. Da bleibt es unvermeidlich, dass Kürzungen auftreten.
So wird aus dem manchmal in Straßen-Philosophie schwelgendem Nick Fury ein
einfaches Rauhbein vom Lande. Da können die halbvollen Sprechblasen der deutschen
Version den Spaß echt mindern. Doch mit diesem Manko lebt der hiesige Markt
schon ziemlich lange ziemlich gut.
die gleiche Seite, links alt/englisch und rechts neu/deutsch
Diese Ausgabe der 35 Jahre alten Storys wurde neu eingefärbt.
Die vielen Verläufe unterstreichen die gezeigte pompöse Technik, die Sterankos
Stil auszeichnet. Für Faksimile-Puristen also kein Fest, aber nett anzuschauen
und zeitgemäß. Die Abenteuer sind so packend erzählt, dass man schnell vergisst,
hier ein Stück Comic-Geschichte in der Hand zu haben. "Nick Fury Agent of
S.H.I.E.L.D." ist ergo ein Zwitter und setzt sich zwischen alle Stühle. Für
Nostalgiker aufgrund der neuen Farben und der modernen Eindeutschung nicht
unbedingt das Non-Plus-Ultra aber trotz des Alters richtig lesbar (was ja
bei den uralten Storys von Superman, Batman oder der Grünen Leuchte nicht
immer der Fall war).
Dieser Band bringt nicht die besten Hefte Sterankos, sondern
seine Anfänge mit Nick Fury. Hoffentlich hat dieser Band so großen Erfolg,
dass auch die späteren Geschichten in diesem schönen Format veröffentlicht
werden können. Viel Licht mit möglicherweise einem kleinen Schatten aber auf
jeden Fall zu empfehlen.
Wer diesen Band verpasst, wird sich bestimmt ärgern.