Mangas - das war vor zehn Jahren noch ein Fremdwort für
den durchschnittlichen Comic-Leser.
Heute sind die Geschichten mit den großäugigen Helden nicht mehr aus der deutschen
Sprechblasen-Landschaft wegzudenken. Im Taschenbuch-Format stellen die fast
ausschließlich im Kindersegment angesiedelten Titel durch die verkauften Auflagen
eine Art Lebensversicherung für einige Verlage dar.
Doch die asiatische Konsumindustrie deckt alle Käuferschichten
mit den meist schwarz/weißen Massendrucksachen ab. Deutsche Marktforscher
fanden heraus, dass die pubertierende Weiblichkeit hierzulande dem leicht
homophilen Manga aufgeschlossen sein soll. Plastic Little von Carlsen zielt
auf diesen Markt. Um sich von den Kidies schon von der Größe her abzuheben,
wählte man das A5-Format, das auch eher dem japanischen Original-Format entspricht.
Plastic
Little macht es dem Manga-Einsteiger leicht: Statt der endlosen, auf Fortsetzungen
angelegten Stories besteht dieser Band aus einer Reihe kleinerer, in sich
abgeschlossener Geschichten. Stück für Stück erfährt man mehr über Teeta,
die Hauptperson in Plastic Little. Sie ist, seit ihr Vater verschollen ist,
ebenso wie er ein Pet-Shop-Hunter im Wolkenmeer von Jietta. Das junge Mädchen
hat mit den Unwägbarkeiten des Tierfangs in diesem riesigen Meer und den persönlichen
Problemen einer heranwachsenden Frau zu kämpfen. Wird sie das größte Tier
des Planeten, einen Wolkenwaal, fristgerecht liefern können? Wird sie erfahren,
wie man einen großen Busen bekommt? Wie kann sie sich aus den Fängen der Verbrecher-Organisation
befreien? Viel Action und manga-typisch tolle Bilder erwarten den Leser.
Neben vielen Kulleraugen und jeder Menge Technik sind es hier
die blanken Brüste, die fast unwillkürlich in Erinnerung bleiben. Dabei ist
Plastic Little noch nicht einmal ein Soft-Porno, denn nichts passiert. Nur
der Bordjunge holt sich hie und da eine blutige Nase, weil er die natürlich
wunderhübsche Teeta zu oft nackig erwischt. Den asiatischen Konventionen entsprechend
werden keine Körperhaare außer dem Haupthaar gezeigt, somit also kindertauglich
- aus japanischer Sicht zumindest. Teetas einziger Körperkontakt ist eine
innige Umarmung mit der in dieser Szene ebenfalls nackten May, Teetas Leibwächterin.
Plastic Little ist aber kein Aufklärungsbuch für Heranwachsende,
wirkliche Probleme wie die erste Regel oder der Umgang mit dem eigenen und
dem anderen Geschlecht werden gar nicht oder alleroberflächlichst behandelt.
Es bleibt bei bildlicher Hormonstimulanz.
Wird hier die Frau zum Sexobjekt degradiert? Nein, diese Deutung wäre genauso
oberflächlich wie falsch. Die Frauen werden unterschiedlich charakterisiert
und Sex ist nicht das eigentliche Thema von Plastic Little, es ist vielmehr
Zutat des erfolgversprechenden Mix der Geschichte. Eine Priese Erotik, eine
Messerspitze Abenteuer, zwei Esslöffel Technik und für uns Europäer einen
Spritzer (kein Wortspiel) asiatischer Exotik.
Plastic Little ist manga-mäßig perfekt gezeichnet und Dank der
abgeschlossenen Geschichten einsteigerfreundlich. Trotz der vielen dicken
- und nicht so dicken - Dinger noch nicht unbedingt des Etiketts "erotisch"
würdig, aber hübsch anzuschauen.