Spider-Man hat seine Aufgabe als Identifikationsfigur für die
Käuferschicht im schulpflichtigen Alter schon lange aufgegeben. An seine Stelle
rückten immer neue Figuren und Serien, die den Stellenwert der guten alten
Spinne jedoch nie erreichen konnten. So versuchte man in Amerika, diese Aufgabe
gleich aus zwei Richtungen zu lösen. Zum einen bekam John Byrne eine Spinnenserie,
in der er die alten Spinnenhefte neu erzählte (mit mäßigem Erfolg), zum anderen
wurde Spider-Girl aus der Taufe gehoben.
Die Tochter von Peter und May Parker traf den Nerv der Zielgruppe
und der alten Spidey-Fans zugleich. May hat die ganze Palette der jugendlichen
Probleme: Eltern, Freunde, das andere Geschlecht und Superkräfte. Naja, letzteres
wünschen sich zumindest die meisten.
Hin
und her gerissen zwischen ihrem Wunsch, Superheld zu sein und ihren besorgten
Eltern, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ein normales Kind. So legt
sich May unnötigerweise zu oft mit ihren Eltern an, gewinnt Basketballspiele
aufgrund ihrer Superkräfte und fühlt sich dabei als Betrügerin und vermöbelt
zwischendurch diverse Bösewichter.
Als Anfänger macht man dabei natürlich so manchen Fehler, doch
gerade das verleiht der Serie den Charme, den auch die ersten Spidey-Hefte
hatten. Zeichnerisch können die Abenteuer Spider-Girls nicht mit den Bildern
Steve Diktos aus den alten Spinne-Heften mithalten. Olliffe zeichnet sich
weder durch perfekte Image-Glattheit noch durch Eigenständigkeit aus. Eher
unbeholfen und amateurhaft (ganz im Spider-Girl Sinn), mit unsauber wirkenden
Bildern, schlechter Bild- und Seitenaufteilung - so kann Spider-Girl nur durch
die frisch wirkende Story gewinnen.
Rückbesinnung auf alte Tugenden - das scheint die neue Devise
bei Marvel zu sein. Das verhalf ja auch den Avengers
und besonders deren Avengers-Forever-Mini-Serie zum Erfolg. Wenn sich erfolgreiche
Marketing-Konzepte so gut lesen lassen, kann es dem Leser nur Recht sein.
Im zweiten (mit der Null-Nummer
dritten) Heft trifft Mayday Parker auf die Fantastischen Fünf (wieder eine
Zukunfts-Version bekannter Helden), versetzt ihren Vater bei einer öffentlichen
Ehrung, kämpft mit einem Drachen und hat diverse normale Probleme wie ein
Date mit einem verliebten Jungen, eigentlich kein Date mit dem Jungen ihrer
Wahl und so weiter.
Trotz der schlechten Bilder eine frisch erzählte Geschichte
mit einer Heldin in normalen Proportionen zum Liebhaben.