Ein kleines Quiz: Wen suchen wir, Tipp: Es ist ein deutscher Comiczeichner? Äh - Wäscher! Okay, aber jünger? Brösel! Nein, so mit Anspruch ein bisschen. Seyfried! Genau!
Was - sie kennen Seyfried nicht? Das kann an der Gnade der späten Geburt herrühren, oder an völligem politischen Desinteresse, aber Menschen im besten Alter mit Hang zur Lebensfreude auch unter grauen Umständen kennen Seyfried, auch wenn sie das gar nicht wissen. Denn wer aus der linken Szene kennt nicht die drei knollnasigen Polizisten, die leider laut Sprechblase draußen bleiben mussten? So sehen Seyfrieds erste Cartoons aus.
Jetzt hat der 1948 geborene Exil-Bayer und Wahl-Berliner nicht nur diese drei Staatsvertreter karikiert, er ließ in seinem ersten, 1978 erschienenen Band „Wo soll das alles enden?“ an fast nichts einen ernsten Faden. Egal ob gleichgeschaltete Springer-Presse oder das linke WG-Volk, Gerhard Seyfried fand, überall was Komisches. Aber politisch war er immer, was ihn dann auch vom eher kot-komischen Werner Brösel wohltuend schon damals abgrenzt.
Seyfrieds erster Comic oder richtigerweise Kartoon-Band hatte neben der weiten Verbreitung in WGs noch eine weitere und sehr unschöne Eigenart - er existierte zumeist in Form selten richtig zusammengelegter loser Blätter. Ob die mangelnde buchbinderische Güte oder die meist vor Lachattaken geschüttelten Leserhände daran schuld waren, lässt sich heute nur noch schlecht eruieren, denn es existieren nur noch wenige Exemplare der ersten Auflage.
Seyfried ist also bekannt und somit gebührt ihm in Zeiten der Comic-Werkausgaben auch eine solche. Der schon immer etwas andere Verlag und Versand 2001 hat sich nun dieser Notwendigkeit angenommen und die Bibel der Sponti-Comics real werden lassen: Seyfried & Ziska - Die Comics - Alle!
700 Seiten dick, so schwer, dass es jugendgefährdend ist, und dann leider doch nicht ganz komplett - es fehlen wohl die Cannabis-Kartoons und auch unsere zweite Abbildung ließ sich auf die Schnelle im Band nicht finden, ist aber ein echter Seyfried und dient vielleicht zur Komplettierung für den akribischen Comic-Freund. Dafür sind neben dem ersten und Seyfrieds Ruhm begründenden ersten Kartoon-Band seine albenlangen Geschichten hier versammelt und dazu noch einige Schmankerl wie die The Fabulous Furry Freak Brothers Story von Seyfried.
Beim Lesen bemerkt mann, wie Seyfried sich mit den Jahren ändert. Vom Sponti-Witz über die augenzwinkernde Analyse der eigenen Subkultur hin zum Geschichtenerzählen und dann die Begegnung mit Ziska. Ganz nebenbei machen seine Comics auch nach fast dreizig Jahren Spaß, reißen immer wieder Erwartungen nieder, lassen sich selten vorhersagen und sind hier ziemlich haltbar und vor allem günstig zu haben. Es gibt also einige Gründe, diesen Comic zu lieben: Da wäre die kulturgeschichtliche Relevanz als einzig und selten artiger Comiczeichner mit deutlich politischem Interesse, für alt WGler kann es die Nostalgie sein, Schnäppchenjäger müssen auch zugreifen, und wer einfach nur interessante Comics mit Hang zur Science Fiction aus deutschen Landen haben will, der darf natürlich auch an diesem Mörderteil nicht vorbeilesen.