Wer schon einmal in einem gewöhnlichen französischen Buchladen war, hat sich sicher verloren in dem großen Comic-Angebot. Und neben den vielen Hardcover-Alben sind sicher auch die vielen großformatigen Bände aufgefallen. Da kann man als deutsche Comicleser schon neidisch werden.
Aber auch bei uns gibt es immer wieder großformatige Bände, die sich wie im Fall von „Jules Vernes Reisen unter dem Meer - Die Entstehung von 20.000 Meilen unter dem Meer“ nicht nur zum Auffüllen der Schrankwand eignen.
Neben dem Format mit schönem partiell lackiertem Hardcover Einband bestechen zuerst die wunderbar kolorierten Bilder. Grob im Strich, kantig und fast aggressiv mit den dicken schwarzen Linien, aber voller Fantastik im Motiv. Da fühlt man sich angenehm an den Band „Hector Umbra“ aus der Edition 52 erinnert.
Und auch bei der Geschichte kann man Parallelen entdecken. Beide Geschichten scheinen Realität und Fiktion vermengen zu wollen. Hier ist es der französische Autor Jules Verne, der sich beim Schreiben seiner Geschichte „20.000 Meilen unter dem Meer“ zeitweise in seiner Imagination zu verlieren droht. Da taucht in einem Wirtshaus plötzlich der bis dahin namenlose Kapitän der Nautilus auf. Er tritt an den Tisch des Schriftstellers und stellt sich vor „Ich bin Kapitän Nemo“ – gleichzeitig ruft Verne aus „Ich werde ihn Nemo nennen“.
Diese Gleichzeitigkeit von Fiktion und echtem Leben macht es nicht leicht, dieser Geschichte zu folgen. Beim ersten Lesen ist man eher verwirrt als unterhalten. Aber die beeindruckende Grafik erleichtert das „Nochmallesen“ und dann beginnt sich eine nachfühlbare Nähe zum Entstehungsprozess eines der bekanntesten fantastischen Bücher zu entwickeln.
Doch welche Funktion hat die indische Prinzessin? Sind die Hinweise, die den Autor zu seiner Geschichte getrieben haben, real oder Fiktion? Trotz eines ordentlichen Abschlusses nach über 70 Seiten neunter Kunst bleiben noch genügend Fragen für den zweiten Band offen.
Nach der Lektüre dieses Comics ist es doppelt schade, dass Ehapa sich mehr oder weniger komplett von den franko/belgischen Comics getrennt hat. Es haben sich ja leider nicht genug Freunde dieser Richtung des Comics gefunden, um die auch nicht immer massenkompatiblen Produktionen des Kölner Verlags rentabel zu machen.