Wieder gibt es ein prallvolles Heft voller eigenwilliger Comics,
denen man nach einigen Minuten Lesens nicht mehr anmerkt, dass ihnen die Farbe
fehlt. Wobei "fehlt" absolut die falsche Bezeichnung ist. Vielmehr
scheint doch Farbe oft dazu benutzt zu werden, um das Fehlen einer Geschichten
zu überdecken. Strapazin beweist Monat für Monat, dass Bilder verbunden mit
Texten durchaus in der Lage sind, komplexe und bewegende Geschichten zu erzählen.
In
der Nummer 57 geht es um die Zukunft des amerikanischen Comics. Dabei stehen
nicht die großen Verlage im Vordergrund, auch wenn ein Beitrag der etablierten
Gebrüder Hernandez mit vertreten ist. "Letters from Venus" ist eine typische
Hernandez-Story um zickige Mütter verkorkster Töchter und ahnungsloser Andersgeschlechtlicher.
Bewegend ist das ruhig erzählte Schicksal Epps. Ohne besondere
Highlights herauszuheben schwimmt der Leser durch das Leben eines schüchternen
und rückradlose Niemands. Im Laufe der 22seitigen Geschichte tauchen einige
meist weibliche Figuren auf, die wie er weder normal noch auffällig sind.
"Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein nackter Mann so kalt lassen würde
- nichts für ungut, aber es gibt aufregenderes." Halt- und perspektivlos scheinen
die Gestalten zu sein und lassen den Leser dennoch nicht in Ruhe. Auf fast
literarische Weise wird der Voyeur beim Leser befriedigt, ohne in Big-Brother-Plattheit
(wackelnde Bettdecken und problemsuchende ewig Pubertierende gibt es hier
nicht) abzugleiten. Einem Sprechblasen-Borito gleich - ohne eigentlichen eigenen
Geschmack aber hart im Magen liegend.
Wer bei den Bildern von Gary Panter das stereotype "Das kann
meine sechsjährige Tochter auch" nicht zurückhalten kann, ist natürlich mit
jedem Strapazin schlecht beraten, denn nicht immer erschließen sich die Geschichten
beim ersten Lesen.
Manchmal wollen diese Geschichten vielleicht auch nichts erzählen.
Das klingt fast nach einem Besuch im Museum, hat aber jede Menge Ironie und
Abwechslung fürs Auge und Hirn in seinen 92 Seiten für nur zehn deutsche Mark.