Das waren sie nun, die Abräumer aus Amerika. Quesada und Palmiotti brachten frischen Wind in ein altes Gewerbe und der Markt dankte es ihnen mit ordentlichen Absatzzahlen.
Leider kann das so nicht immer weitergehen und die Fülle der verfügbaren Titel macht es für schwache Serien schwer, am Leben zu bleiben. So ist die Entwicklung weg von den ewig laufenden Serien hin zu kleineren Probe-Serien mit begrenzter Laufzeit nur logisch und vom Markt diktiert.
Aber wirklich neu ist diese Idee nicht. Genau damit machte der
kleine Verlag Image damals den Großen DC und Marvel richtig Dampf. Aber
auch bei dem einst so innovativen Verlag macht sich seit Jahren Müdigkeit
bemerkbar. Es ist also Zeit für eine Veränderung in der amerikanischen
Comic-Landschaft, die uns momentan näher ist als die franko-belgische
oder gar spanische Palette.
Die
Einstellung der DC-Superhelden-Serien in Deutschland ist vielleicht nur ein
kleiner Vorbote dieses Trends. Dabei gibt es auch in Amerika immer wieder
tolle Hefte; die großen Alten werden jedoch meist eher schlechter und
Superman war seit seinem Tod nicht mehr wirklich gut. Da sehen wir von Marvel
mehr Nischenprodukte auf dem deutschen Markt. Serien wie "Black Widow"
oder "Dr. Strange" haben keine Überlebenschance in Deutschland,
dazu ist unser Markt zu klein. Aber es macht Spaß, hier und da mal etwas
Neues zu lesen.
Marvel Knights war mit seinen vielen Mini-Serien wie geschaffen,
bereits bekannte Charaktere in einem anderen Licht zu sehen. Mit den "Inhumans"
war so eine (vielleicht zu) emotionale Geschichte zu lesen. Insbesondere hier
darf man sich auf die grafisch bombastische Nachfolgeserie freuen.
Obwohl "Erde-X" nicht mit dem
"Marvel Knights"-Logo ausgestattet war - auch diese ruhige Story
bringt alle Voraussetzungen mit, um in die Comicgeschichte einzugehen: Außergewöhnliches
Artwork und eine richtungsweisende Geschichte (auf jeden Fall für Marvel-Titel).
Stark war auch die schon erwähnte "Black Widow". Ein Einzelheft,
das sehr gut lesbar und auch für den Gelegenheitsleser geeignet ist.
Realistische Zeichnungen mit viel Action und reichlich Blut, zwei Agentinnen
im hautengen schwarzen Dress und eine eigenständige und abgeschlossene
Story. Eigenschaften, die nicht mehr viele Hefte haben - leider.
Enttäuschend
war "Dr. Strange"; weder Fisch noch Fleisch tat er nicht weh, bleibt
aber auch keine Sekunde im Gedächtnis. Da war der "Daredevil"
ganz anders und es sei hier noch mal erwähnt, den sollte man gelesen
haben!
Die monatlichen Packs mit allen "Marvel Knights"-Heften
waren besonders wegen der Nachdrucke passender alter Hefte eine Freude. Ob
man ein ganzes Buch dieser alten Hefte lesen will, ist jedermanns private
Entscheidung und auch für Fans nicht immer ganz einfach, aber häppchenweise
wie hier ist das einfach super! Don Heck, dessen Thor im aktuellen Marvel
Klassik eher unschön ist, zauberte in "Tales of Suspense # 52"
eine schlichte und mit Klischees uur so um sich werfende Geschichte, die man
mit Genuss lesen und anschauen kann. Steve Dikto ist nach wie vor ein Meister
des Zeichenstifts und kann auch in Schwarz/Weiß überzeugen. Mit
Farbe und mystischen Inhalt wie in "Strange Tales #110" einfach
genial.
Die Beigaben zu den "Marvel Knight"-Packs erlauben
es auch demjenigen, der nicht gleich sechzig Mar für ein Buch mit alten
Geschichten berappen will, einen Blick in die Ahnengalerie des amerikanischen
Comics nach Marvel-Art zu werfen. Dazu gibts noch durchschnittliche bis geniale
aktuelle Hefte - was will man mehr?