Hong-Kong nach dem zweiten Weltkrieg. Amerikaner tragen Trenchcoats, Britten seidenen Morgenmäntel und Asiatische Gentinnen sind klein und sehen zuckersüß aus. Und alle wollen nur das eine: Die dicke Lady. Im ersten Band der Serie wurde die Heldin Alix Yin Fu und ihre Welt voller Ausbeutung und Armut vorgestellt und die dicke Dame als eine Atombombe enttarnt.
Zu Beginn des zweiten Bandes sind die Akteure gesetzt, das Thema steht und man hat sich an die oft einfachen Bilder Didier Conrads gewöhnt. Der kann gelegentliche Highlights setzten, zum Beispiel wenn er die alten Autos und die exotische Umgebung wundervoll im Stil der klassischen Line Claire präsentiert. Das es sich hier trotz der Figuren im Semi-Funny Stil eher um einen Agententhriller handelt, mekrt man erst so richtig beim Lesen, und wenn man das begonnen hat, ist man schnell von dieser Geschichte gefangen genommen.
Das Semi in Semi-Funny der Bilder setzt sich in der Geschichte fort. Obwohl deutlich weniger Slapstick als in einem James Bond Film gibt es hier auch in der Story humoristische Stilelemente. Das fängt an, wenn der Begriff „Fat Lady“ von einzelnen Handlungsträgern unterschiedlich interpretiert wird. Doch das zarte Lächeln des Lesers wird sofort von heftigen Story-Elementen im Keim erstickt. SM-Sex, Enthauptung, von radioaktiver Verstrahlung entstellte Menschen – dieser Comic spart nicht mit harten Momenten.
Das Ende ist ein waschechtes Happy-End. Doch bevor es soweit ist, tauchen noch neue Akteure auf der Bildfläche auf, wir Leser erfahren mehr über die tragische Vergangenheit der Heldin. Schnell hat man dabei die oft groben Bilder vergessen, die auf den zweiten Blick gar nicht so grob sind. Aber in Zeiten von stylischen Grafikern wie Jim Lee oder Michael Turner sind wir Leser irgendwie aufwendiger wirkende Bilder gewohnt. Da wird es für Fans dieser Babes-Comics ein Erlebnis sein, wenn hier eine süße Heldin eine Geschichte voller Sex und Crime erlebt die trotz gewöhnungsbedürftigem Artworks nach den ersten zwei Seiten packt. Fans älterer Zeichner fühlen sich sowieso schnell zu Hause, und auch die haben hier ihre spannende Freude.
Band zwei beendet die im Vorgängerband „Im Geheimdienst des Großen Steuermanns“ begonnene Geschichte um die dritte Atombombe, die am Ende des zweiten Weltkriegs den Amerikanern abhanden kam. Trotz des Sexappeals der Heldin ist die im Gegensatz zu den Bond-Girls eine Atomphysikerin und zeigt eine angenehme Selbstständigkeit. Yann schafft es, die kleine Schönheit auf 96 Seiten mit ordentlich Charakter auszustatten und liefert für Fans der Reihen „Spoon & White“ und „Helden ohne Skrupel“ frisches Lesefutter – kein Wunder, sind ja alles Serien von Yann.
Der Verlag hat zu beiden Bänden eine Leseprobe im Netz:
Band 1 - Im Geheimdienst des Großen Steuermanns
Hier sieht man auf der zweiten Seite die angesprochenen wundervollen Landschaftsbilder.
Band #2 – Seidenschlipse auf Pfirsichhaut
Diese Leseprobe zeigt ein wenig die Art, wie Yann mit dem Thema Sex spielt. Die Auflösung der Szene ist witzig, macht aber diesen Comic auch nicht kindergeeigneter.