Das kreative Team von "Batman - Halloween in Gotham City" - und "Batman -
das lange Halloween" kehrt zurück. Diesmal ist Superman der Held der vier
zusammengehörenden Alben. Macht und die daraus resultierende Verantwortung sind das Thema
der sehr gefühlsbetont erzählten Geschichten. Storys mit "nicht (nur) Action"
stehen zur Zeit hoch im Kurs. Hauptkünstler dieses Booms sind sicherlich Alex Ross und
Mark Waid (Marvels, Kindom Come), doch auch "Superman für alle Zeiten" schlägt
in diese Kerbe.
Die Entwicklung Clarks zu Superman, sein Umzug nach Metropolis und sein Kampf gegen Lex
Luthor, dieser bekannte und schon oft interpretierte Plot liegt auch hier zugrunde. Die
Aufteilung in vier Kapitel - Frühling, Sommer, Herbst und Winter - symbolisiert die
Phasen in der Geschichte. Der Frühling steht natürlich für Supies Kindheit in
Smallville. Doch nicht nur Clark ist Handlungsträger. Besonders die Figur des Vaters,
Jonathan Kent, der auch den Part des Erzählers übernimmt, wird neu definiert. Er hat die
schwere Aufgaben, einen Außerirdischen auf den rechten Pfad zu leiten, in einem
superstarken Jungen das Gefühl für Verantwortung zu wecken, und dabei die eigenen
menschlich kleinen Grenzen zu erfahren und mit ihnen zu leben.
Im Frühling wächst der Keim zu Pflanze. Clark lernt immer besser mit seinen Kräfte
umzugehen und übernimmt die Verantwortung für die Menschen in Metropolis. Doch damit
begibt er sich in fremdes Territorium. Lex Luthor hat diese Aufgabe schon lange zu der
seinen gemacht. Doch für Lex steht der eigene Profit im Vordergrund, Metropolis ist
Mittel zum Zweck, wie ein Acker, der gepflegt werden muß, will man eine reiche Ernte
einfahren. Im Gegensatz dazu ist das Leben an sich für Superman das Hauptanliegen, und so
kommt es zwangsweise zur Konfrontation. Lex wandert ins Gefängnis. Währenddessen
etabliert sich das Privatleben des Stählernen in der neuen Umgebung und besonders die
Beziehung zu Lois Lane entwickelt sich.
Im
Herbst verlieren die Bäume ihre Blätter und hier verliert Superman den Kampf gegen
Luthor. Lex versteht es, die Schwächen des Kryptoniers zu erkennen: Der Glaube an die
Verantwortung für sein Tun. Der Erzähler ist diesmal Lex, und er weiht den Leser in die
Details seiner Rache ein. Eine unbedeutende aber begabte Biochemikerin wird von ihm auf
Superman konditioniert. Dann läßt Lex einen tödlichen Virus frei. Beinahe ganz
Metropolis erkrankt und fällt ins Koma, dabei sind ihm Kleinigkeiten wie herrenlose
Schnellzüge egal. Hier kommt die junge Dame aus Luthors Umerziehung zum Einsatz: Sie
kämpft an Supies Seite als Toxin gegen den Virus und liegt zum Schluß dem Tode nahe in
Clarks Armen. Der Virus ist, so wie Luthor es geplant hatte, besiegt, doch Supie muß
erkennen, daß er nicht jedes Leben retten kann. Um mit dieser bitteren Erkenntnis zurecht
zu kommen, zieht sich Clark in die Geborgenheit seiner Heimat und seiner Eltern zurück -
und Lex hat endlich wieder freie Hand in Metropolis. Was wird der Winter bringen?
Die Geschichte wird in großen Bildern erzählt, einige Panells erstrecken sich sogar
über zwei Seiten. Dadurch wird das Tempo zwangsläufig langsam und unterstützt so den
Grundton der Story, die ja mehr auf Gefühle hin arbeitet, als auf Action zu setzten.
Angelehnt an die Anatomie aus den erfolgreichen Zeichentrickserien (riesige Kinn-Partien
und die Bildersprache der Fleischer-Cartoons) ergeben zusammen mit der Einfärbung im
Pastell-Stil stimmungsvolle Bilder, die zum Verweilen einladen, aber nicht durch Details
ablenken. Schlüssel-Szenen sind durch extreme Perspektiven unterstrichen. Tim Sale ist
trotz der vielen neuen Aspekte deutlich zu erkennen. Die Stadt wird sauber und glatt
gezeichnet, im krassen Gegenteil zur fast filigranen und mit Einzelheiten liebevoll in
Szene gesetzten Kleinstadt Smallville. Bei der deutschen Ausgabe von "Superman for
all seasons" wurde das Format übernommen. Rückenverleimt, broschiert und in der
amerikanischen Comic-Größe. Mit einem Preis unter dem des Originals und einer guten
Übersetzung, haben nur noch Puristen einen guten Grund, zum amerikanischen Original zu
greifen.
Mit "Superman für alle Zeiten" bringt Carlsen ein schönes, unspektakuläres
und gerade dadurch stimmiges Kleinod am Superhelden-Himmel auf den Markt. Für Action
gestreßte eine Labsal, für Superman-Fans ohnehin ein Muß.