Das Phänomen der außerkörperlichen Erfahrungen ist in vielen Büchern beschrieben und für viele Menschen schon fast ein Fakt. Aber handelt es sich hierbei nur um eine Legende, oder kann der Geist wirklich den Körper verlassen?
In der auf vier Bücher angelegten Reihe „Astral Project“ begleiteten wir Leser im ersten Band den jungen Masahiko auf seinem Weg vom „normalen“ Teenager hin zum Seelenwanderer. Dabei ist seine erste Erfahrung mit diesem Thema zufällig. Erlebt von seiner Familie vor allem wegen seiner Abneigung zum Vater getrennt. Dann erfährt er vom Tot seiner Schwester. Als Andenken holt er sich die letzte CD, die seine Schwester gehört hat. Diese CD hat es in sich, denn bei Track vier verläst er ungewollt seinen Körper.
Marginal erzählt die Geschichte mit viel Abstand und unerwartet ruhig. Obwohl es einige Rätsel rund um die CD gibt, artet die Geschichte nicht in ein Mystery-Thriller aus. Romantik und Lust kommen vor, aber beides nicht voyoristisch oder reisserisch - dieser Manga ist angenehm unauffällig.
Der Manga erzählt drei Geschichten: Das Geheimnis um die CD, das Geheimnis der Schwester und die Erkundung der Astralebene.
Zuerst die Mystery-Story um die CD. Es handelt sich um Aufnahmen des Saxophonisten Albert Ayler, aber es ist eine bis dahin unveröffentlichte Soloaufnahme des Künstlers. Das erfährt unser Held von einem Jazz-Experten, der nun unbedingt diese CD haben möchte. Wie kam es zu dieser Aufnahme? Wird jeder Hörer automatisch in die Astralwelt gerissen? Der erste Band löst natürlich nicht alle Frage aus.
Dann der Tot der Schwester. War es Selbstmord? Es gab keine äußerlichen Verletzungen, woran ist das Mädchengestorben? Oder lebt sie noch in der Astralwelt? Kann ihre beste Freundin, die sichtlich sexuelles Intresse an Masahiko hat, Antworten auf diese Fragen geben?
Dann das große Thema der Geschichte: Die Astralebene. Masahiko ist ein Neuling und findet immer neue Bewohner dieser neuen Welt, lernt ihre Gesetzte kennen und lernt diese Welt zu benutzen.
Die Zeichungen sind zu beginn sehr kalt. Fast Metalische Gesichter saufen in den vielen Grauen Flächen ab. Das ändert sich in Kapitel drei drastisch. Plötzlich und ohne Parallele in der Geschichte werden die Bilder fahriger und dadurch wärmer. Ab Kapitel vier scheint der Manga seine Linie gefunden zu haben. Noch immer wirken die Gesichter sehr statisch, aber wirken nicht mehr so maskenhaft wie auf den ersten Seiten.
Band eins reisst einige Themen an und hat einen eigenen, sehr angenehmen langsamen und persönlichen Ton. Die Begegnung mit dem verhassten Vater wirkt unangenehm, eskaliert jedoch nicht. Diese Gratwanderung zwischen der notwendigen Spannung in einer Geschichte und einer fast sensiblen Darstellung abseits actionlüsternder Platitüden gelingt selten so gut wie hier. Auch die eindeutige Anmache durch Ykari, der besten Freundin der verstorben Schwester, kommt ohne blanke Brüste aus. Und ebenso zart betritt dann plötzlich ein Monster Masahikos Welt - lasst euch überraschen!