Hat sich schon mal jemand gefragt, warum in amerikanischen Teeni-Splatter Filmen die Mädels immer wie Models aussehen? Natürlich, bevor sie sinnentleert aufgeschlitz werden. Jetzt gehört das Genre Horror nicht den Amerikanern alleine, auch in Deutschland gibt es Genre-Klassiker wie GZSZ aber wie man Horror so richtig bedrohlich macht wissen die Asiaten. Vielleicht liegt es in der Tradition. In Japan werden auch Bohnen und Reis klein gemahlen, da sind zerquetschte Menschen nicht weit weg.
Hideshi Hino ist ein Meister des Grauens. Das beginnt schon mit seiner Internetseite. Die Startseite ist völlig unleserlich. Aber da fängt der Horror erst an. In „Red Snake“ begleiten wir Leser den jungen Sohn einer völlig verrückten Familie, die irgendwo in einem dunklen Wald in einem riesigen Haus von der Hühnerzucht lebt. Der Vater schlachtet mit Hingabe seine Hühner und füttert dann die tropfenden Hühnerköpfe, die Schwester vergnügt sich mit Tausendfüßlern und die Oma brütet in ihrem Nest Hühnereier aus. Das Gruseligste ist der Opa mit seinem riesigen Abszess am Kinn.
Hideshi Hino zeichnet diese Welt in hässlichen Bildern und das passt zusammen. Denn wenn die Schwester den Abszess des Opas „pflegt“ fühlt man sich an den SF-Klassiker „Dune“ erinnert, wo ein kleiner Arzt seine Lebenserfüllung an der Pflege der eitrigen Geschwülste des Harkonnen-Chefs findet. Als wenn das tägliche Leben mit dem undurchdringlichen Wald und der seltsamen Familie für uns Außenstehenden nicht schon Horror genug wären, in dem riesigen Haus gibt es einen gewaltigen Spiegel. „Hinter dem lauern Monster“ wird der Junge vom Opa gewarnt und es kommt, wie es kommen muss, der Junge gelangt auf die andere Seite, befreit das Böse und die Familie endet in einem fürchterlichen Blutbad. Die Schilderung dieser Ereignisse ist für ungeübte Comicleser eine Qual, Horror ist selten so auf den Magen geschlagen wie hier. Doch wie Bobby Ewing und seine Dusche, der kleine Junge hat die fürchterlichen Sachen nur geträumt.
Was an dieser Geschichte beeindruckt, ist die Erfahrung beim Lesen, als man nach der Gewaltorgie die zu Beginn verstörenden Familienverhältnisse als normal und fast beruhigend empfindet. Da beginnt man an der eigenen Wahrnehmung zu zweifeln und erkennt, dass der Mensch nicht in objektiven Größen denkt, sondern im Kontrast. Es gibt keine Liebe ohne Hass, kein Gut ohne Böse und es kommt immer auf den Unterschied an. So kann eine normale Limonade fade schmecken, wenn man etwas sehr Süßes davor zu sich genommen hat, oder verdammt süß, wenn man zuvor Salmiakpastillen gelutscht hat. So erweist sich „Red Snake“ als schmerzhafte Lehrstunde in Philosophie.