Comics aus Spanien sieht man eher selten. Aber welcher in Ehren ergraute Freund der Sprechblase denkt nicht wehmütig an die Zeit von Captain Terror und Andrax zurück? Oder die wundervollen Bilder von Fernandez in „Zora“ oder „Dracula“? Und natütlich Jordi Bernet mit seinen Serien Sarvan, dem schon erwähnten Andrax und natürlich dem Klassiker des derben Düsterkrimicomics Torpedo.
Schon mehrfach wurden die Erlebnisse des Killers Torpedo in Deutschland veröffentlicht, nun startet Cross Cult die Komplettausgabe. Im bekannten und beliebten kleinen Hardcover, schwarz/weiß – ganz so wie die Geschichten. Die fehlende Farbe ist ein Gewinn an Ausdruck, ein kurzer Vergleich mit der farbigen Carlsenausgabe genügt diese These zu verifizieren. Ah – Fremdwörter; damit hat es der „Held“ der Geschichten nicht so. Wie wir im Laufe der meist achtseitigen Erzählungen erfahren, kommt Lucca Torelli als fast verhungerter italienischer Junge nach Amerika. Seine Erziehung im Dreck der Straßen einer Großstadt ließ ihm keine Zeit für literarische Studien. Statt dessen kennt er jede Stereotype eines Krimis der alten Schule: Den fiesen Bullen, die blasse und anschmiegsame Blondine, den alten Kumpel der das falsche Ende von Torpedos Pistole als letztes Bild mit in den Tod nimmt.
Die ersten Seiten zeichnete Alex Toth. Das sieht nicht gut aus und dauert auch nur 16 Seiten. Danach werden die Geschichten üppiger erzählt, sowohl in Wort als auch im Bild. Bernet ist ein Meister des dreckigen Strichs. Was ihm an Klarheit fehlt, macht er mit Lebendigkeit wett. Seine Bilder sind organisch und detailliert - wenn es die Story verlangt. Dagegen sind blanke Brüste auch mal einfach nur eine Kurve – blank eben. Sex ist hier ein Thema, wird aber eher zur Erklärung der meist vertrackten Situation gebraucht. Aber auch ohne fleischliche Verlockungen gibt es genügend Gründe für die vielen Leichen in diesem Band die meist ohne große Trauergemeinde in den nassen Asphalt beißen müssen.
Obwohl der Comic erst 1982 entstand, wirkt er alt. Bernets Bilder sind klassisch südländisch. Zusammen mit den alten Autos, den historischen Uniformen der Polizisten und dem antiquierten Mix aus Ehrenkodex und Gefühlslosigkeit wirkt Torpedo authentisch.
Beworben wird dieser Band mit dem Vergleich zu Sin City. Neben den Parallelen wie dem harten Krimi Genre, dem gleichen Verlag und demselben Format gibt es aber deutliche Unterschiede zwischen den Büchern. Zuerst die Grafik. Miller ist in Sin City neue Wege gegangen, Bernet ist klassisch. Dann die Stories: Der Autor Enrique Sanchez Abuli ist dem Bekannten sehr verpflichtet. Seine Geschichten sind hart aber vertraut. Miller setzte auf die Übersteigerung der von Abuli benutzten Stilmittel, und das nur zehn Jahre später. So haben beide Serien ihren eigenen Schwerpunkt: Torpedo zementiert zumindest im ersten Band den Status Quo des tiefschwarzen Mafia-Krimis, Sin City nimmt das Genre mit ins nächste Jahrtausend – beides übrigens zum größten Lese- und Schauvergnügen des Lesers.