Art Déco verbindet Klarheit und Schnörkel. Der Schnörkel repräsentiert das Menschliche mit seiner ihm innewohnenden Unausgewogenheit, seinem Drang nach Unruhe und seiner Sucht nach Harmonie. Die Klarheit steht für das reine Bewusstsein, die Erkenntnis. Das ist ein etwas weit hergeholter Erklärungsversuch des Reizes, den Art Déco und der beliebte Retro-Look verbreiten.
Kein Wunder, das es einige Comics in diesem Stil gibt, und das sind nicht die Schlechtesten: „Terminal City“, „Batman/Grendel“ und „Mister X“.
Seltsam aber war, diese Comic-Perle erscheint im Infinity-Verlag, der sich momentan mit Panini die Krone im Bereich der Action- und Superhelden-Comics teilt. Aber die Schwetzinger haben ja schon mit Comics wie „Black Metal“, „Kabuki“ und „30 Days of Night“ gezeigt, das sie sich nicht auf nur eine Art Comics reduzieren lassen wollen. Vielen Dank dafür.
Im Vorwort wird Mister X immer wieder mit dem Spirit in einem Atemzug genannt. Das ist ein enorm großes Paar Schuhe, das sich dieser bei uns bisher eher unbekannter Comic anziehen will. Doch Namen wie Hernandez, Seth, Templeton McKean und Sienkiewicz lassen den Grafik-Fan unter den Comic-Lesern schon mal tief durchatmen.
Der Großteil der in diesem Band enthaltenen Geschichten stammt aus der Zeichenfeder der Hernandez-Brüder. Die haben in ihren Bildergeschichten schon immer nicht ganz marktfähige Themen wie Drogen, Selbstzweifel und -findung in fast unscheinbare Tuschelinien gepackt.
Hier ist es die Frage, ob nicht die Stadt den Menschen erschafft. Für gewöhnlich bauen Menschen Städte, aber kann eine Stadt den Menschen formen? Das meint zumindest Walter Eichmann. Er will zusammen mit einem Architekten eine perfekte Metropole erbauen. Doch kurz vor der Vollendung seines Werkes geht einiges schief und nun muss der kahlköpfige Mann mit der großen Sonnenbrille zurückkehren, um aus der ganz normalen menschenverachtenden Stadt wieder die von ihm erdachte Utopie zu machen.
Diese Geschichte kommt zuerst wie ein verzwickter Krimi daher. Ein Mann mit vielen Namen und vor allem vielen Beziehungen zu Frauen macht einem Clubbestitzer das Leben schwer. Mit fliegenden Autos, höfflichen Robotern und geheimen Gängen bezirzt „Mister X“ seine Leser und zieht sie in eine graue Welt voller glücklicher Zufälle und trauriger Menschen.
Immer wieder schweift die Grafik ins Lächerliche und zeichnet in den Schatten das große X, das hier wirklich einen Schatz bedeutet. Der Finder kann sich an über 160 Seiten intelligent gemachter Comic-Kost weiden, der auch in der Sprache ein anderes Niveau aufweist, als das Gros der monatlichen Comicproduktion.