Endlich einmal ein Comic, in dem die Kloschüssel eine zumindest Erzählstrang verbindende Bedeutung besitzt. Da ist Jean, er ist Schriftsteller und hütet das Kind seines Bekannten Felix. Und der lässt sich sogar am Geburtstag seines Sprösslings nicht blicken. Fast scheint es, als würde die ganze Arbeit des Kindergeburtstages an Jeans Lebensabschnittsgefährtin Cathy hängen bleiben. aber die wehrt sich, sie ist eben eine selbstbewusste junge Frau.
In dieses fast schon familiäre Chaos bricht die Türklingel mit hartem und dennoch verlockendem Ton ein. Doch statt des vom Kind erhofften Vaters steht da ein anderer Vater mit zwei weitern Kindern im Türrahmen.
Ja, es geht um nicht mehr ganz so traditionelle Beziehungen im Großstadtumfeld. Das ist nicht nur in Woody Allen Filmen Grund für schon eher unfreiwillige Komik. Aber vielleicht macht das Schmunzeln über die etwas überspitzt dargestellten - sicher auch des Lesers eigenen - Probleme die Aufarbeitung genau dieser Probleme etwas einfacher.
Und bei der Darstellung ist dieser auf den ersten Blick einfache Comic ein unerwarteter Schatz. Natürlich hat ein Comic in der Regel nur 48 Seiten und dauert beim Lesen nicht im Geringsten 90 Minuten, aber was in den Bildern dieser zumindest 56 Seiten erzählt wird, ist erstaunlich.
In der beschrieben Szene sehen wir in einem eher unscheinbaren Panel zum einen Cathys Gesicht von schräg hinten. Wir Leser schauen ihr also über die Schulter und erblicken einen schlecht rasierten Mann, an dessen Armen je ein trauriges Kind hängen. Eines weint sogar. Es ist also eine Konfliktsituation. Der Mann ist sichtlich überfordert. Und weil es sich ja um eine Comic mit Bezeihungsproblemen handelt ist auch der Hintergrund seines Auftauchens recht klar: Er hat Streit mit seiner Frau und selber momentan nicht die Zeit oder den Nerv, sich um die Kinder zu kümmern.
Gesellschaftsanalyse auf 7 x 6 cm – das soll dem Comic mal ein Buch oder ein Film vormachen. Und Monsieur Jean kriegt dann irgendwie ganz natürlich die Kurve zwischen Beziehungsdrama, Kunstkrimi und der Bewältigung des Bettnässens über 50 Seiten lang sehr angenehm lesbar zu sein.
Das Leben wie es wirklich ist und genau so viel davon eben nicht – sodass die Geschichte nicht langweilig wird. Und dann die Kloschüssel, die Cathy von einem unangenehmen Beischlaf rettet und Jean mit einem halbnackten Kind und dem Problem der kindlichen Inkontinenz seinen innere Mitte finden lässt. Gerade rechtzeitig genug für das unvermeidliche Happy End, zu dem der messerschwingende Sushi-Koch an der Ecke mit seinen asiatisch anmutenden Weisheiten erfreulich beigetragen hat.
Wer nach dem ersten Monsieur Jean bei Reprodukt mehr von der Serie lesen möchte, kann ohne Bedenken auf die drei bei Salleck Publications erschienenen Bände zurückgreifen.