Heftig, wie dieses Comic Gefühl zeigt. Klar, es geht um Herzschmerz, Suche und wohl auch um die Frage „Wer bin ich“. Doch eignet sich „Dunkles Kind – Lilianne“ nicht für einen Valentintagsgeschenk, dafür ist die Liebe hier zu düster.
Eros und Miklo sind Bewohner einer namenlosen Stadt. Der eine ein gestrandeter Gott, der andere ein suchendes Kind. Gegenpole und deswegen unzertrennlich vereint. Miklo ist auf der Suche – selbstsüchtig wie ein unausgereiftes Kind. Eros ist der abgeklärte Beschützer, stotzend vor omnipotent scheinender Macht. Doch neben der Geborgenheit sucht Miklo das Unerfahrene und bringt sich fahrlässig in Gefahr. Doch Eros wacht über ihn.
So schnell könnte man dieses Comic erzählen, aber es ist mehr. Eros und Miklo sind zwei Herzen, die in wohl jedem einmal geschlagen haben. Gleichzeitig in akzentuierendem Versatz. Treibend hinter dem Takt der wirklichen Welt hinterher. Aufreibend und allumfassend. Mal zu unglaublicher Klarheit befähigend, dann wieder alles verschleiernd.
Dieser Gegensatz ist wunderbar in Bilder gefasst. Mal klar aber meistens in unterschiedlichen Arten verfremdet, überdeckt – verdreckt.
Aus jeder Zeile dieses Comics schreit eine Seele nach Ruhe und Erlebnis gleichermaßen. Und wie das wirkliche Leben, es gibt kein Ende, nur Leere. Und das tut weh. Wie ein letzter Moll Akkord, der sich nicht in Dur wandelt. Wie ein nicht hörbarer letzter Schlag der Bass, der immer noch im Hinterkopf aufzutauchen scheint.
Dunkles Kind Lilianne verstört und unbefriedigt. Das Ende fehlt. Kein Abschluss, der die Suche nach den eigenen Wünschen, nach der eigenen Ausrichtung wenigstens oberflächlich zu einem Ziel führt.
Und dann ist da ein nichtgreifbares Coming Out. Zu intim sind sich Eros und Miklo, als das diese Beziehung nicht homoerotisch wirken würde. Wenn sich die Beiden auf einander zu beugen will die Geschichte ihre Lippen vereinen, obwohl das Bild ein unüberbrückbares Loch lässt.
Die Grafik ist sehenswert. Grob und kantig, hart und aggressiv – zur Geschichte passend und diese durch die unterschiedlichen Verfremdungen mittragend.
Riveros ist in seinem zweiten Comic bei Edition 52 deutlicher als das sehr poetisch wirkende "Dunkles Kind" aus dem Jahr 1998. Damals noch wesentlich grafischer aber auch zu monoton, nun verdammt schnell und bewegend und vor allem unfertig.
Das bessere Papier der aktuellen Ausgabe tut dem Comic nicht wirklich gut. Zu der sehr persönlichen Geschichte würde ein grobes und störriges Papier besser passen als dieses glatte Glanzpapier. Natürlich kommen so die Schattierungen besser zum Tragen, auch wenn die Schrift oft wie zugeschmiert wirkt.