Midnight Nation
Es beginnt recht normal, wird dann sehr mysteriös, wandelt zwischen Love-Story und Selbsterkenntnis, um nach einem etwas zu langen philosophischem Exkurs in einem Tränen rührenden Happy End zu enden.
Midnight Nation ist ein besonders Comic. Von Spider-Man und Babylon 5 Autor Straczynski kann man das auch erwarten. David Grey ist Polizist. Straight und immer für die Guten da, kann er nicht immer das Unheil aufhalten. Darunter leidet nicht nur er, sondern auch seine Frau. Die Trennung von ihr trifft ihn hart, aber er ist ein Mann und ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Doch das ist nicht immer einfach, besonders wenn die Gegenseite ihren Modus Operandi ändert. Hässliche Morde hat Grey schon oft gesehen, aber man kann immer überrascht werden.
Grey wird von Schatten überwältigt und erwacht in einer Zwischenwelt. Die zynische Schönheit hilft ihm bei seinen ersten Schritten durch diese neue Welt. Sie leitet ihn auf seinem Pfad, um vielleicht seine Seele wieder zu finden. Dafür muss er dem Teufel gegenübertreten und diesmal das Richtige tun.
Und er hat nicht viel Zeit, denn binnen eines Jahres wird er selbst zu einem Schatten werden - oder vielleicht auch früher?
Fragen sind ein Hauptbestandteil von Midnight Nation. So viel Gegenfragen statt Antworten hat man im Comic noch nicht erlebt. Das macht einfach Spaß, weil es etwas Anderes ist. Gary Frank hat dieses Ausnahmecomic in unterkühlter Manier ins Bild gesetzt. Nicht ganz so sexy wie sein Supergirl und immer wieder mit Anleihen an die ganz Großen der amerikanischen Zeichnerelite. Barry Windsor Smith und John Romita Junior spitzeln an allen Ecken aus den Zeichnungen, vielleicht liegt das auch nur an den Tuschern Gorder und Sibal, die beiden einen guten Job erledigen. Doch die famosen Bilder illustrieren nur, aber das machen sie gekonnt.
Midnight Nation überrascht durch die Vermengung von Mystery Cop Thriller mit christlich anmutender Philosophie. Wo deutsche Geschichten nun schwer im Magen liegen würden und japanische Geschichten ins Ungreifbare abdriften, behält sich diese amerikanische Geschichte ein alles auflösendes Happy End vor. So ist dieses Comic immer noch gut konsumierbar, wenn auch das zu süße Ende dem Nachdenken über die vielen Aussagen im Wege steht.
Interessieren darf man sich fast reuelos, denn mit knapp 15 EURO für diesen 270-Seiter hat der kleine Infinity-Verlag die Preisschallmauer durchbrochen. Wie leisten die sich das? Der Leser kann sich trotz dieses Mysteriums bedanken und eine tolle Serie zu einem tollen Preis genießen.