Da kann man eigentlich nichts verkehrt machen: Vom Comic-Quartett hoch gelobt, mit dem Max und Moritz-Preis gekührt – „Die Katze des Rabbiners“ von Joann Sfar ist einfach gut.
Aber warum eigentlich? Das Album ist eigentlich eher hässlich. Die Zeichnungen sind krakelig und das Lettering sieht besonders wenn es in Schreibschrift gemacht ist unbeholfen aus. Fast schon unleserlich. Dieses Comic ist auf den ersten Blick wirklich kein Knüller. Der Reiz dieses Bandes steckt in der Geschichte.
Es geht um eine sehr menschliche Katze. Sie gehört dem Rabbiner einer ungenannten Stadt. Nachdem sie den nervenden Papagei gefressen hat kann sie plötzlich sprechen. Das macht sie nicht unbedingt symathischer, den sie bestreitet vehement ihre Bluttat. Aber diese moralische Schwäche macht sie sehr menschlich. Und vielleicht ist es ja nur der eigene Makel, der es ermöglicht, die Schwächen anderer Menschen zu erkennen. Die werden im Laufe der 48 Seiten bei fast allen Personen in dieser Geschichte aufgedeckt. In den intellektuellen Gesprächen zwischen Katze, Rabiner und dessen Rabiner zeigt sich, dass allen Argumentationen eine Zielsetzung zu Grunde liegt. Wie Tatsachen verschwiegen oder überbewertet werden, um die eigene Meinung zu stärken – darin liegt die Stärke dieser Geschichte.
Sfar erzählt die Geschichte sehr konservativ. Bild und Text bilden eine Einheit, erzählen die Geschichte parallel, oft wiederholt das Bild den Text. Im letzten Drittel gibt es eine Traumsequenz die hier eine Ausnahme bildet. Ein Beweis, dass die Erzählstruktur so gewollt ist. Deswegen hier ein Beispiel aus dem Wortgefecht zwischen Katze und Rabbiner des Rabbiners: Die Katze möchte ihr Bar-Mizwa feiern (jüdische Konfirmation). Der Rabbiner verbietet dies mit der Begründung, dass dies nur den Menschen vorbehalten ist, da sie nach dem Bild von Gott geschaffen wurden. Die Katze verlangt ein Bild von Gott. Der Rabbiner entgegnet, dass Gott sich durch das Wort offenbart und nicht durch ein Bild. Also dürfe die Katze ihr Bar-Mizwa feiern, da sie ja sprechen können schlussfolgert die Katze.
Wer Spaß an solchen Disputen hat, darf dieses Comic nicht verpassen. Es ist wunderschön zu sehen, wie jüdische Kultur so natürlich vermittelt werden kann. Fern jeder deutschtümlicher Rechtfertigung oder Entschuldigung wird ein sympatisches Bild des Judentums vermittelt. Da machen die Witze von Kishon (der erzählt übrigens gerne Judenwitze – anständige Deutsche dürfen da ja nicht lachen) plötzlich noch mehr Sinn. Die Distanz zur aktuellen politischen Realität ist erleichternd.