Es scheint Zeit für das 80er Rivival zu sein. Nena macht einen Song mit Tok Tok, Morrissey ist in den Charts und Fournier hat ein – für uns Deutsche – neues Album draußen. Wer jedoch einen furiosen Abenteuerspass wie bei Spirou erwartet, wird nach der Lektüre dieses Bandes enttäuscht sein. Die Kannibalen sind etwas völlig anderes. Fourniers Strich ist fahriger und gröber, die Bilder wirken nicht so professionell wie aus den vielleicht noch als Pit und Pikkolo bekannten Comics.
Die Kannibalen liefern schwarzen Humor, zum Teil sehr blutrünstigen Humor sogar. Dabei gleitet das Album nie in Splatterorgien ab.
Die Hauptpersonen sind die Familie Beißer. Ein sich noch zum Menschenfresser entwickelndes Kleinkind, ein ewig nörgelnder Sohn, die gut gebaute Tochter, die für das Essen verantwortliche Mutter und natürlich der Vater der Beißers. Wenn diese Familie Pizza bestellt, ist die Art der Pizza eigentlich egal, Hauptsache der Bote ist fettig. Die Beißers haben es aber auch mit alltäglichen Problemen zu tun. Mal stehen religiöse Heils- oder Unheilsverkünder vor der Tür, mal ist ein Wasserrohr kaputt. Irgend jemand wird schon sterben, das ist sicher. Mit der Zeit werden einige weitere Personen eingeführt. Der Nachbar, der den Beißers auf die Schliche gekommen ist und ein asiatisches Waisenkind, das es erstaunlich lange bei den Kanibalen aushält – und das nicht in der Tiefkühltruhe.
Die ersten Seiten sind verdammt komisch und uneingeschränkt zu empfehlen, wenn man sich erst einmal an die Zeichnungen gewöhnt hat. Später wird es etwas zäh, als wären die ersten Seiten aus lauter Lust und Laune entstanden und dann zu einer Serie mit regelmäßigem Termindruck gewachsen. Das pendelt sich aber zum Ende des Bandes dann wieder ein und beschert dem Leser eine wunderbare Version des „Kleinen Prinzen“ - mit tödlichem Ausgang natürlich. Das Lettering wirkt grob und ist schwer zu lesen.
Hier herrscht nicht nur der Wortwitz. Wunderbar ist "Resteeintopf". Der Nachbar findet ein Bein im Abfall und meldet das der Polizei. Die bestraft die Beißers auch für das nicht termingerechte Herausstellen des Mülls an einem falschen Tag. Wütend über die Blindheit der Polizei verpasst der Nachbar dem Gesetzeshüter einen Arschtritt - mit dem gefundenen Bein.