Fat Freddy, Freewheelin Franklin, Phineas Phreak und Fat Freddy Cat – Heroen einer nebelumwobenen Zeit. Diese charismatischen Herren, die es immer wider schaffen, mit beiden Beinen knöcheltief im Fettnäpfchen der angepassten Gesellschaft zu landen, würden sicher beim Anblick der heutigen Jugend die Köpfe schütteln.
Laute Musik, keinerlei soziale Bindungen, Arbeit nur im Stadium des „bald gefeuert werdens“, verwahrloste Behausung und stubenunreine Haustiere - das ist ihnen alles vertraut, aber das man sich an die Urväter dieses Lebensstils nicht mehr gebührend erinnert – das ist zu viel!
Wenn HipHopper heute einen Joint reinziehen, dann erinnern sie sich vielleicht an Filme wie „Viel Rauch um nichts“ - aber das Fat Freddys Kater mehr Marihuana vertilgt hat, als der landesübliche Basebalkappenträger, das ist nicht mehr bekannt. Und dabei kommt der unkontrollierte Lacher beim Lesen dieser Vergangenheitsbewältigung mit dem Untertitelzusatz „The Complete“ auch ohne bewusstseinserweiternde Einnahme von Rauschmitteln.
Beim BSE Verlag ist also der erste Band der Freak Brother Werkausgabe erschienen – sind die verrückt? Vielleicht nicht, denn bei einer Signierstunde des auch drogenbekannten Zeichners Giraud hat sich gezeigt, das es noch eine Menge lebender Langhaariger gibt. Die mussten sicher schon einmal aus finanzieller Not ihre alten U-Comic-Schätze versilbern. Nun, im gereiften Alter und möglicherweise lukrativen Job eines Versicherungsangestellten kann man sich die verschollenen Begleiter von Küchentisch- und leeren Kühlschrankzeiten ordentlich dargeboten kaufen. Neukiffer im jugendlichen Leichtsinn seinen natürlich auch herzlich eingeladen, an den Erlebnissen ihrer Vätergeneration teilzuhaben und natürlich von ihnen zu lernen.
Und das kann dieser Band beibringen: Nie im Mexiko auf die Taschen vermeidlich schwangerer Fremden aufzupassen, die geilsten Bräute am Strand gehören zu den fiesen Jungs mit viel Geld, und genau das regiert die Welt und schlussendlich ist alles eine große Verschwörung der CIA. Nebenbei erfährt der Leser, wie der Zeichner zu seinem ersten Anzug kam und das Tannenbäume anders als Marihuana schmecken.
Eine ganze Menge, ja fast schon ein Lehrbuch. Und wer die Figur des zaubernden Don LongJuan nicht erkennt ist sicher unter dreißig. Egal wie alt, egal wie angepasst, die Freak Brothers sind kultige Denkmäler einer vergangenen Zeit und außerdem grafisch die Urväter der Extrem-Perspektiven. Den ultimativen Blick auf Franklins Hutspitze von seiner Cowboyschuhspitze gibt es zwar erst in einem der kommenden Bände, aber wer diesen Meilenstein der bildenden Kunst nicht verpassen möchte, sollte schon bei Band eins einsteigen.
Kritikpunkt ist vielleicht ein Satz des redaktionellen Beitrages „Jede Generation hat ihre Helden“. Da wird von der erzählerischen Güte dieses Comics gesprochen. Nun ja – zeitlich oder THC-Spiegel-abhängige Brüche sind in der längeren Story nicht zu verleugnen. Aber mit einem anderen Satz wollen wir diesen jhgzp_content beschließen: „Gut, dass es sie auch hierzulande wieder gibt.“