Soweit das Wörterbuch, aber was bedeutet dass für den Wahnsinnigen? Wie wäre es, einmal in den Kopf eines Wahnsinnigen hinein zu schauen? Hulet versucht dieses Abenteuer. In Immondys begleitet der Leser Ange Goemanange. Er ist ein Radio Elektroniker irgendwo in Frankreich. Er lebt in einer beunruhigend eingerichteten Einzimmerwohnung. Auf einem roten Sofa sitzen zwei wie verbrannt aussehende Puppen. In ihnen befinden sich Lautsprecher, aus denen Sätze Anges Eltern erklingen sobald er die Wohnung betritt. Er ist Musiker, nur für sich allein, nicht in einer Band. In der Musik kann er sich verlieren. Dann wandert sein Geist durch die Stadt. Hin und wieder plagen ihn Visionen und er bekommt seltsame Briefe. Teilchen für Teilchen bekommt er ein Puzzle zugeschickt. Das ist real, wenn auch die Tatsache, das die Briefe ohne Absender oder Inhalt ankommen, schon verwirrend bis beängstigend ist. Ange trifft auf Zita Blacha und beide teilen sich einen gemeinsamen Wahnsinn.
Dieses Comic verstört. Die Bilder gleiten von der Darstellung einer bizarren Realität zuerst unmerklich in die Wahnvorstellung der Hauptperson. Teile der Seiten sind auf den Kopf gestellt. Das macht das Lesen nicht einfach. Auch wenn man den Band um 180° dreht, muss man der „richtigen“ Leserichtung folgen. Das ist für den normalen Menschen schon anstrengend genug. Dazu kommen klein gedruckte Texte, die im Bild fast untergehen.
Was ist Realität? Wenn man der formalen Aufmachung des Comics folgt, ist es die wirre Welt voller Dämonen und organischer Gefängnisse. Die Szene, in der Anges auf Zita trifft, steht auf dem Kopf. Ist also nicht in der Kontinuität der Hauptgeschichte zu lesen. Dennoch erscheinen einem diese Passagen als die echte Realität. Doch, wie wirklich ist die Wirklichkeit? Das klingt jetzt erst einmal nach einer eher rhetorischen Frage. Alles was ich anfassen kann, etwas man fotografieren kann ist real. Aber was ist mit Schönheit? Da scheiden sich schon die Geister. Realität wird empfunden, nicht wahrgenommen. Ist Die Musik der deutschen Superstars toll oder belanglos? Realität wird auch noch gefiltert. Wenn man sich ein neues Auto gekauft hat, fällt einem genau diese Marke wesentlich öfter im Verkehr auf als vorher.
Diese beiden Beispiele sollen zeigen, das Realität schon für den „gesunden“ Menschen nichts wirklich messbares ist. Vielleicht will das dieses Comic ausdrücken. Vielleicht ist es auch eine Verschwörungsgeschichte mit Außerirdischen? Ob man das nach den drei Bänden, aus denen Immondys besteht, genau sagen kann, scheint ungewiss.
Genauso ungewiss ist die Zukunft solcher Comics beim Ehapa Verlag. Comics die nicht nur einfach lustig sind verkaufen sich nicht in Deutschland. Also wurden die franko/belgischen Titel drastisch aus dem Verlagsprogramm gestrichen. Damit war man aber in Stuttgart/Berlin und jetzt Köln nicht glücklich. Nach einigen zähen Verhandlungen hat man es geschafft, und die Verantwortlichen zu einer erneuten Veröffentlichung von einigen ausgesuchten Erwachsenen Comics bewegen können. „Das ist ein Experiment, und wenn sich an dessen Ende unter dem Strich nur Verluste ergeben, wird es für solche Comics bei Ehapa keine Zukunft geben.“ so der Verlagsleiter Georg Tempel auf der Buchmesse Frankfurt.
Man hat die Auflage runtergefahren (sie wird im Impressum auch nicht erwähnt) und die Alben erscheinen nur noch im Hardcover-Format. Dabei ist der Preis angemessen. Die Standard Alben sollen zwischen 12 und 13 Euro kosten, der Hulet schlägt mit seinem quadratischen Überformat mit EURO 22,- zu Buche.