Orphen ist schnell, ein Manga, unterhaltsam, mit viel Magie und Herz-Schmerz, neu am Markt und vergrößert die Anzahl der laufenden Schwarz/weiß-Taschenbücher mit Comic-Kost aus Fernost.
Uuups, das Fazit sollte doch erst zum Schluss kommen.
So langsam sollte mal ein Statistiker nachrechnen, wann die Anzahl der in Deutschland veröffentlichten Manga-Serien größer wird als die der bisher veröffentlichten Titel aus amerikanischer oder franko/belgischer Produktion. Die Spanier dürfte die gelbe Flut schon überrannt haben. Aber keine Angst, das soll keine von Kulleraugen-Phobie getriebene Rezension werden.
Orphen ist ein Magier. Nur wer die Veranlagung durch Vererbung schon im Blut hat, kann diese Kunst erlernen. Unser Held ist natürlich nicht wie ein gewöhnlicher junger Magier. Zwar lernte er im Turm zu Zaubern, aber zu Beginn der Geschichte schlägt sich der gut aussehende Jüngling als Auftrags-Magier durchs Leben. An seinen Rockschößen hängen zwei kleine Jungs, die immer wieder für komödiantische Einlagen sorgen, und Clio, das schwärmerische Mädchen mit der hübschen großen Schwester und möglichen Braut für Orphen. In einer Welt mit modernen Anzügen und mittelalterlichen Tavernen versucht sich der ziemlich starke Halbstarke über Wasser zu halten, aber er ist trotzdem permanent pleite. Darum nimmt er jeden Auftrag an.
Zuerst geht es um einen Ring, dann soll ein entlaufener Nebeldrache seinem Besitzer zurückgebracht werden. Natürlich gibt es immer wieder Gelegenheit für einen Kampf. Da fliegen Lichtdolche oder Energiewände schützen den Magier. Der muss sich neben diesen Übeln auch noch mit seiner Vergangenheit rumschlagen. Warum hat er den Turm verlassen, der zu seiner zweiten Familie wurde? Wer ist die schöne Azalea, Freundin oder Monster?
Typisch asiatisch ist das Tempo der Geschichte. Rasant wechseln Kampfszenen mit Rückblicken, und wer nicht aufpasst, hat schnell mal den Durchblick verloren. Aber man hat ja zum Glück einen Comic vor sich und kann zurückblättern.
Ebenso typisch asiatisch ist die manchmal drastische Lösung der Probleme. Orphen steht zum Beispiel zwischen seinem Ziehvater Childman und der schönen Azalea. Unser Held will seine alte Kollegin retten, Childman sie vernichten. Um Orphen auszuschalten, rammt der erfahrene Magier seinem ehemaligen Schüler ein Schwert in den Magen. "Ich werde Dich heilen sobald das hier vorbei ist." Nette Aussichten für Orphen.
Zeichnerisch nichts Neues oder Besonderes, moderne Bilder von hoher zeichnerischer Güte, einen eigenen Charakter der Bilder sucht man allerdings vergebens. Da rümpfen alt eingesessenen Comic-Kenner gerne mal die Nase über die japanische Art "ihrer" Sprechblasen-Kunst. Aber dem Käufer gefällt es, und nach über zwei Jahren Manga-Power in Deutschland ist der asiatische Comic-Style über das Stadium einer reinen Modeerscheinung hinausgewachsen.
Und bedenkt man, dass es ohne die kommerziell erfolgreichen Mangas keine ambitionierten Projekte wie zum Beispiel "Der Sarcophag" gäbe, dann wünsche ich jedem neuen Mange alles Gute. Aber haben nicht auch die Ahnen der Hüter der neunten Kunst in deren Jugend die Objekte der Verehrung (egal ob Akim, Spinne oder Zack) als Schund betrachtet und nicht selten mit Verachtung diesen Schund als Abfall entsorgt? Mangas sind ohne Frage ein Produkt für die Massen, so wie der ordi- und orginäre Superheldencomic auch. Aber jedes Medium hat Schlechtes, Unterhaltsames und Herausragendes. Soll der Marie Luise Fischer lesen, der sie lesen will und der klassische Musik hören, der das lieber mag.